Die kleingartenrechtliche Drittelregelung – und die Ausnahmen. / Auch zur Problematik der Adhäsion.

3. September 2021 um 13:09 Uhr
Autor: PM-Ersteller

Zollstock-Pedanterie und „Schema F“ sind nicht immer sinnvoll.

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Durch das bekannte Urteil des BGH (Bundesgerichtshof) vom 17.6.2004 , III ZR 281-03 , wurde die kleingartenrechtliche Drittelregelung bekräftigt. Für den Normalfall gilt: Ein Drittel der jeweiligen Parzellenfläche sollte für Obst- und Gemüseanbau -und damit Zusammenhängendes- genutzt werden. In Gartenordnungen der Kleingartenvereine bzw. der Kreis- oder Bezirksverbände können die Einzelheiten geregelt werden (bspw. in welchem Umfang Kompostanlagen in das Drittel eingerechnet werden u.a. …).

Zum Urteil des BGH h i e r .

Sieht man sich das o.g. BGH-Urteil genau an, und die übrige Rechtsprechung, dann wird deutlich: Es geht hier nicht um eine Zollstock-Pedanterie (!), sondern immer um den Gesamteindruck, den eine Parzelle vermittelt. Die Drittelregelung hat Richtschnurcharakter. Indessen ist sie eine relativ strenge Richtschnur.

Gleichwohl ist in vielen Einzelfällen eine differenziertere Parzellenbeurteilung erforderlich. Auch in dem o.g. Urteil des BGH wird ausdrücklich hervorgehoben, daß Abweichungen von der Drittelregelung zulässig sind, etwa wenn die Größe des Kleingartens nicht der Norm des BKleingG entspricht bzw. der Garten also ganz besonders groß ist. Das ist gerade in den neuen Bundesländern häufiger der Fall (verankert über die Bestandsschutzregelung des deutsch-deutschen Einigungsvertrages). Auch topographische Besonderheiten oder eine besondere Bodenqualität können Ausnahmen zulassen. Mitunter gibt es hier durchaus gewisse Beurteilungsspielräume (bei der Tatbestandsbewertung) und/oder Ermessensspielräume (auf der Rechtsfolgeseite).

In diesem Zusammenhang muß auch das Problem der Adhäsion (zum Begriff: HIER) berücksichtigt werden:

Kleingarten-Parzellen, die sich bspw. direkt neben einer vielbefahrenen Autobahn oder Bundesstrasse befinden, können im Einzelfall extrem schadstoffbelastet sein. Die Schadstoffe dringen nicht nur in den Boden ein, aus dem die Pflanzen ihre Nährstoffe beziehen. Kfz-Abgase dringen auch direkt in das Blattwerk und andere Pflanzenteile ein, im Wege der Adhäsion (anhaftende/anziehende Verklebung). Insgesamt kann sich in seltenen Fällen dann eine Schadstoffbelastung im Gemüse ergeben, die dasselbe ungenießbar macht. Dann kann auch kein Gemüseanbau erzwungen werden. Es betrifft dies i.d.R. dann nicht die komplette Kleingartenanlagen, sondern nur einzelne Parzellen in unmittelbarer Nähe bspw. einer vielbefahrenen Bundesstrasse. Die Gefahr, daß dadurch eine Kleingartenanlage ihren Status verliert, dürfte also eher gering sein; denkbar wäre aber, daß es Grundstückseigentümer gibt, die den Aspekt der Adhäsion versuchen zu instrumentalisieren, um eine bauplanungsrechtliche Umwandlung anzustreben. Dem müsste dann mit großer Entschlossenheit juristisch begegnet werden. Gleichwohl: Übermäßig schadstoffbelastetes Gemüse muß niemand essen. Zu verlangen, es zu essen und/oder anzubauen wäre nicht zulässig. Ggf. sind in Einzelfällen professionelle Schadstoffuntersuchungen unvermeidbar.

Mit der Thematik der Adhäsion sollte also jedenfalls sensibel umgegangen werden. Kreis- oder Bezirksverbände sollten sich das zu Herzen nehmen, bevor sie bspw. eine Kündigung aussprechen (undifferenziert – nach „Schema F“), die dann ggf. von einem Gericht für unwirksam erklärt wird. „Dritte“ könnten zumindest versuchen, daraus Nutzen zu ziehen. Der Kleingärtner wäre einmal mehr der Leidtragende.

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